Wann ist Wechselmodell gut für das Kind?

Wann ist Wechselmodell gut für das Kind?

Trennen sich Eltern so stellt sich regelmäßig die Frage, wo das gemeinsame Kind in Zukunft leben wird. In den meisten Fällen lebt das Kind im Haushalt eines Elternteils und der andere Elternteil hat regelmäßig Umgang mit dem Kind. Immer populärer wird jedoch das sogenannte Wechselmodell. In diesem Wechselmodell lebt das Kind abwechselnd im Haushalt der Mutter und im Haushalt des Vaters. Eltern, die mit dieser Entscheidung konfrontiert sind, fragen sich häufig: wann ist Wechselmodell gut für das Kind?

Das sogenannte Residenzmodell

Noch bis vor einigen Jahren war es selbstverständlich, das sogenannte Residenzmodell. Nach einer Trennung entscheiden die Eltern hierbei gemeinsam, in welchem Haushalt das Kind seinen Lebensmittelpunkt haben wird. Während dies früher regelmäßig (und quasi selbstverständlich) der Haushalt der Kindesmutter war, kann dies mittlerweile genauso selbstverständlich auch der Haushalt des Kindesvaters sein. Eine Entwicklung, die ich ausdrücklich begrüße.

Damit ist klar, einer der Elternteile kümmert sich durch Betreuung und Erziehung um das Kind. Der andere Elternteil leistet Unterhalt in bar für das Kind und sieht das Kind regelmäßig. Dies nennt man Umgang. Dabei sollte die Art und Weise des Umgangs individuell geregelt werden. Entscheidend für die Ausgestaltung des Umgangs sind unter anderem das Alter des Kindes und die Arbeitssituation des Umgangsberechtigten. Der Umgang muss auch immer zum Wohl des Kindes ausgeübt werden.

Seit einigen Jahren beliebt: das Wechselmodell

Seit einigen Jahren gibt es jedoch auch die Möglichkeit des sogenannten Wechselmodells. Dabei hat das Kind nicht einen Lebensmittelpunkt, sondern lebt abwechselnd im Haushalt der Mutter und des Vaters. Auch hier ist die Ausgestaltung individuell. So kann der Wechsel wöchentlich erfolgen, im 2-Wochen-Rhythmus oder aber auch ein Wechsel jeweils innerhalb der Woche an bestimmten Wochentagen erfolgen. Zum Beispiel ist das Kind dann von Montag bis Mittwoch beim Vater und von Donnerstag bis Sonntag bei der Mutter. Doch ist so ein Wechselmodell gut für das Kind?

Es gibt unterschiedliche Beweggründe für Eltern, das Wechselmodell anzustreben. Der häufigste ist, dem Kind weiterhin den gleichen Kontakt zu beiden Elternteilen zu ermöglichen, wie vor der Trennung der Eltern. Denn beide Elternteile, Mutter und Vater, sind gleich wichtig für ein Kind. Dieser Beweggrund ist meiner Ansicht nach auch der allein Ausschlaggebende. Dann sollte geprüft werden, ob das Wechselmodell gut für das Kind ist.

Finanzielle Gründe für das Wechselmodell

In meiner beruflichen Praxis habe ich aber immer wieder das Gefühl, dass das Wechselmodell aus anderen Gründen eingefordert wird. Da scheint nicht das Kindeswohl im Vordergrund zu stehen, sondern finanzielle Gründe. Denn zusammen mit der Forderung nach der Durchführung des Wechselmodells wird dann auch gefordert, dass ja kein Barunterhalt mehr gezahlt werden müsse. Dies ist so jedoch nicht korrekt.

Auch wenn Eltern das Wechselmodell so leben, dass jeder Elternteil genau 50% des Betreuungsanteils übernimmt, heißt das noch nicht, dass kein Barunterhalt gezahlt werden muss. Dies stimmt nur dann, wenn beide Elternteile exakt das gleiche verdienen und exakt die gleichen Verbindlichkeiten haben. Dann muss tatsächlich kein Barunterhalt mehr gezahlt werden.

Barunterhalt muss dennoch gezahlt werden

Einen solchen Fall habe ich jedoch in mehr als 15 Jahren Tätigkeit als Rechtsanwältin und Fachanwältin für Familienrecht nicht erlebt. In der Realität ist es einfach so, dass Eltern unterschiedlich hohe Einkommen erzielen. Und dann ist es so, dass derjenige Elternteil, der das höhere Einkommen hat, sehr wohl noch Barunterhalt an den anderen Elternteil zahlen muss. Wie hoch hängt vom Einzelfall ab. Die Berechnung ist übrigens das komplizierteste, das ich im Familienrecht kenne ….

Das Wechselmodell nur aufgrund von finanziellen Erwägungen durchführen zu wollen ist meines Erachtens nicht zum Wohl des Kindes. Denn das Wechselmodell ist nur dann gut für das Kind, wenn die Eltern wichtige Kriterien im Umgang miteinander erfüllen.

Funktionierende Kommunikation zwischen den Eltern ist essentiell

Insbesondere ist es absolut notwendig, dass die Eltern sehr gut miteinander kommunizieren können. Sie müssen die Probleme, die sie als Paar miteinander hatten oder haben, sehr gut hintenan stellen, wenn es um die Belange des Kindes geht. Die Fachleute sagen: die Eltern müssen die Paar-Ebene von der Eltern-Ebene trennen können. Und leider können dies viele getrennte Eltern nicht. Sie übertragen die Konflikte, die sie mit ihrem Ex-Partner haben, auf das Kind.

Dies aber hat negative Auswirkungen auf das Kind. Die Konflikte, die Mama und Papa miteinander haben, werden über das Kind ausgetragen. In manchen Fällen wird das Kind sogar dazu missbraucht, bei Konflikten zwischen den beiden Elternteilen zu vermitteln. Oder das Kind wird als „Bote“ benutzt, um Nachrichten hin und her zu übermitteln. All dies ist nicht gut für das Kind!

Das Wechselmodell erhöht die Gefahr dieses Missbrauchs noch, denn bei Durchführung eines Wechselmodells müssen die Eltern sehr viele Dinge miteinander absprechen. Sei es die schulischen Aufgaben, die Koordination der Arztermine oder die Organisation der Hobbies des Kindes. All dies müssen die Eltern miteinander klären, nicht das Kind und auch nicht über das Kind!

Die beste Option: das sogenannte Nestmodell

Selbst wenn Eltern dies gut hinbekommen ist für mich das Wechselmodell in der Weise, dass das Kind ständig zwischen zwei Haushalten pendelt, eine Belastung für das Kind. So hat das Kind kein „Zuhause“. Es ist ständig zwischen zwei Welten hin und her gerissen. Alle paar Tage muss es sich wieder neu anpassen. Für mich ist das eine Belastung, die einem Kind nicht zugemutet werden sollte.

Denn es waren ja die Erwachsenen, die das bisherige Zusammenleben nicht mehr wollten. Wenn also Wechselmodell, dann plädiere ich dafür, dies im Rahmen eines sogenannten „Nestmodells“ durchzuführen. Bei diesem „Nestmodell“ bleibt das Kind in der Wohnung, die bislang von ihm und beiden Elternteilen bewohnt wurde. Es sind dann die Eltern, die abwechselnd in dieser Wohnung mit dem Kind wohnen. Natürlich benötigen die Eltern dann jeweils eine weitere Wohnung für sich. Der Vorteil des Nestmodells: das Kind kann in seiner gewohnten Umgebung bleiben und muss nicht alle paar Tage seinen Koffer packen und umziehen. Die Eltern übernehmen das Umziehen und ermöglichen ihrem Kind somit ein Zuhause (und muten ihm nicht zwei „Zuhause“ zu).

Die Form des sogenannten Nestmodells ist meiner Ansicht nach tatsächlich ein Wechselmodell, das gut für das Kind ist. Alle anderen Formen des Wechselmodells sehe ich kritisch. Diese können nur funktionieren, wenn die Eltern bei der Durchführung des Wechselmodells das Wohl des Kindes (und nur das!) im Blick haben.

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