Ein häufiger Streitpunkt beim Unterhalt: Was ist alles im Unterhalt enthalten? Wer zahlt besondere Ausgaben, wie z.B. die Klassenfahrt des Kindes? Der betreuende Elternteil oder der Elternteil, der Barunterhalt zahlt?
Unterhalt deckt die laufenden Kosten des Kindes
Grundsätzlich gilt: mit dem monatlich zu zahlenden Kindesunterhalt sind die laufenden Kosten des Lebensbedarfes eines Kindes zu bestreiten. Also die Unterkunft, die Ernährung, die Bekleidung und die Hobbies des Kindes. Doch was ist mit zusätzlichen Kosten? Zum Beispiel die Kosten für eine Klassenfahrt, für die Feier der Kommunion oder Konfirmation oder Kosten für die Kieferorthopädie? Hier kommen schnell Beträge in drei- oder vierstelliger Höhe zusammen. Müssen diese denn auch aus dem laufenden Unterhalt gezahlt werden oder wer zahlt die Klassenfahrt?
Es gibt Mehrbedarf und Sonderbedarf
Juristen unterscheiden im Hinblick auf zusätzliche Kosten beim Kindesunterhalt zwischen Mehrbedarf und Sonderbedarf. Mehrbedarf sind regelmäßige, das heißt immer wieder auftretende Mehrausgaben, die zum Lebensbedarf des Kindes gehören. Das sind zum Beispiel die Kosten für eine notwendige Nachhilfe, damit das Kind in der Schule weiter mitkommt, oder Kosten für eine erforderliche kieferorthopädische Behandlung. Diese Kosten können zusätzlich zum Basis-Kindesunterhalt gefordert werden.
Auch die Kosten des Kindergartens, den ein Kind besucht, stellen unterhaltsrechtlich Mehrbedarf dar. Diese Kosten müssen also zusätzlich zum Basis-Kindesunterhalt gezahlt werden. Nicht zum Mehrbedarf gehören aber die Verpflegungskosten, die im Kindergarten anfallen. Denn durch diese Verpflegungskosten wird die Verpflegung zu Hause eingespart. Diese Kosten trägt daher allein der betreuende Elternteil.
Kosten eines Hobbies können Mehrbedarf sein
Auch die Kosten von Hobbies des Kindes können Mehrbedarf darstellen. Ist also das Kind bereits vor der Trennung der Eltern einem sehr teuren Hobby nachgegangen, zum Beispiel Reiten, Golf oder Tennis spielen, dann müssen sich die Eltern auch nach der Trennung daran festhalten lassen. Dann müssen die Kosten für dieses teure Hobby auch nach der Trennung zusätzlich zum Basis-Kindesunterhalt gezahlt werden.
Mehrbedarf zahlen die Eltern anteilig
Der Mehrbedarf muss von dem betreuenden Elternteil dem anderen Elternteil gegenüber geltend gemacht werden. Dieser muss dann einen Zuschlag zum monatlichen Unterhalt zahlen. Allerdings muss der barunterhaltspflichtige Elternteil die Kosten des Mehrbedarfs grundsätzlich nicht allein tragen. Den Mehrbedarf haben die Eltern anteilig nach ihren Einkünften zu bezahlen. Es kommt also auf die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit jedes Elternteils an, wieviel jede*r zu zahlen hat. Ist der betreuende Elternteil allerdings nicht leistungsfähig, dann haftet in der Regel allein der leistungsfähige barunterhaltspflichtige Elternteil für den Mehrbedarf.
Sonderbedarf entsteht unerwartet
Sonderbedarf ist dagegen ein unerwarteter und außergewöhnlich hoher Bedarf des Kindes. Weil er so überraschend eintritt und so hoch ist, konnte dafür aus den laufenden Unterhaltszahlungen keine Rücklagen gebildet werden. Der laufende Unterhalt kann zur Zahlung des Sonderbedarfs daher nicht eingesetzt werden.
Doch was genau ist „unerwartet“ oder überraschend? Ganz genau betrachtet ist schon viele Jahre vorher klar, dass ein Schulkind irgendwann einmal eine Klassenfahrt unternehmen wird. Kommt diese Klassenfahrt dann noch unerwartet? Auch die Kosten für eine Kommunions- oder Konfirmationsfeier sind eigentlich bereits bei der Taufe des Kindes zu erwarten. Sind die Kosten dieser Feier dann noch unerwartet?
Ja, diese Kosten können dennoch unerwartet und damit Sonderbedarf sein. Die Höhe der Kosten und das genaue Datum stehen nämlich erst kurz vor dem Ereignis mit Sicherheit fest.
Sonderbedarf muss auch außergewöhnlich hoch sein
Auch die Frage, was genau ist ein „außergewöhnlich hoher Bedarf“, ist in der Rechtsprechung sehr umstritten. Es gibt keine konkrete Summe, ab der ein Bedarf außergewöhnlich hoch ist. Jeder Einzelfall ist gesondert zu betrachten. Dies macht es in der Praxis auch so schwer tatsächlich einzuschätzen, wann Kosten nun einen Sonderbedarf darstellen und wann nicht.
Wenn aber nun feststeht, dass es sich bei den Kosten der Klassenfahrt um Sonderbedarf handelt, wer zahlt die Klassenfahrt?
Auch Sonderbedarf zahlen die Eltern anteilig
Hier gilt die gleiche Regel wie beim Mehrbedarf. Beide Elternteile zahlten anteilig je nach ihrem Einkommen für den Sonderbedarf. Verdient also der Vater doppelt so viel wie die Mutter, so zahlt er zwei Drittel der Kosten der Klassenfahrt und die Mutter ein Drittel. Ist der betreuende Elternteil allerdings nicht leistungsfähig, so muss der andere leistungsfähige Elternteil diese Kosten allein übernehmen.
Wofür ist die Unterscheidung zwischen Mehrbedarf und Sonderbedarf noch wichtig?
Grundsätzlich kann laufender Unterhalt nie rückwirkend geltend gemacht werden. Das heißt, erst ab dem Moment, in dem der andere Elternteil zur Zahlung aufgefordert wird, besteht auch eine Zahlungspflicht.
Mehrbedarf kann nicht rückwirkend gefordert werden
Das gleiche gilt für den Mehrbedarf. Auch für die Zahlung des Mehrbedarfs ist eine Zahlungsaufforderung des anderen Elternteils notwendig. Rückwirkend kann der Mehrbedarf nicht vom anderen Elternteil gefordert werden.
Anders sieht es beim Sonderbedarf aus. Dieser kann für die Dauer eines Jahres auch rückwirkend geltend gemacht werden, auch wenn der Unterhaltspflichtige nie gemahnt wurde. Der Sonderbedarf kann also deutlich flexibler und einfacher geltend gemacht werden.
Dieser kurze Artikel zeigt schon, der Bereich des Mehrbedarfs und Sonderbedarfs ist sehr komplex und immer auf den Einzelfall bezogen. Im Zweifel sollte frau daher unbedingt eine Fachanwältin für Familienrecht zu Rate ziehen. Sonst könnten mögliche Ansprüche des Kindes verloren gehen.